Das Autogene Training ist eine der bewährtesten und bekanntesten Entspannungsmethoden. Es dient der seelischen und körperlichen Gesundheitsvorsorge. Mithilfe des Autogenen Trainings kann unter anderem durch Selbsterkenntnis und Autosuggestion mit Stress und Belastungen besser umgegangen, wie z. B. auch eine Leistungssteigerung in Schule, Beruf und Sport erreicht werden.
Ein Anwendungsbeispiel aus der Medizin: „Der Patient tut eigenverantwortlich etwas für sich und aktiviert dadurch einen Heilungsprozess in sich selbst. … Neben der Stärkung des Selbstvertrauens wird somit auch die Selbstbestimmung gestärkt.“ Eigene Studien zur Wirksamkeit belegen dies darüber hinaus am Beispiel zur Behandlung bei erhöhtem Augeninnendruck.(8)
Stress – verursacht z. B. durch
die Belastungen, Anstrengungen und Ärgernisse, denen ein Lebewesen täglich durch viele Einflüsse ausgesetzt ist. Es handelt sich um Anspannungen und Anpassungszwänge, die einen aus dem persönlichen Gleichgewicht bringen können und bei denen man seelisch und körperlich unter Druck steht. Stress kann sich auch durch innere Faktoren begründen oder verstärken.
Grundsätzlich lassen sich Belastungen und Anstrengungen nach ihrer Dosis unterscheiden:
Für die Messung des Stressempfindens gibt es keine objektive Methode. Die Wechselwirkungen zwischen stressauslösenden Faktoren und dem betroffenen Menschen sind vielschichtig, z. B. können sich berufliche und private mit bewussten und unbewussten Wirkfaktoren mischen – vgl. auch R. Lazarus (6). Die Anzahl der stressauslösenden Anlässe wie auch deren Dauer und Abfolge ist zu beachten.
Anmerkung: Zahlreiche und vielfältige Ratschläge zur Vermeidung bzw. Abbau von Stress finden sich z. B. auf den Internetseiten der Kranken- und Ersatzkassen oder anderen Institutionen zur Gesunderhaltung (z B. Bundesministerium für Gesundheit, „Ratgeber zur Prävention und Gesundheitsförderung“, Stand: 01/2016). Weitere Fundstellen: z. B. Prof. Dr. Gert Kaluza, Stress und Stressbewältigung … [22]
Eine große Bedeutung kommt auch der von uns verwendeten Sprache, genauer der Wahl unserer Worte zu. So kann nur das von uns verwendete Wort „Stress“ durch seine symbolhafte Bedeutung unbewusst in uns eine negative Wirkung entfalten.
Das Autogene Training stellt eine bedeutsame Möglichkeit dar, Stress durch geeignetes Üben in eigener Verantwortung zu vermeiden bzw. diesen zu beseitigen oder abzumildern und darüber hinaus weitere wichtige gesundheitliche Wirkungen mithilfe der Entspannung und Autosuggestion durch eine „bewusste Steuerung von unbewussten Körperfunktionen“ zu erreichen.
Bewährt haben sich aufeinander abgestimmte Übungsfunktionen (Grundübungen), nach denen über das vegetative Nervensystem auch wichtige Organfunktionen einbezogen werden, d. h. der eintretende Erholungszustand wirkt sich über den Parasympatikus gleichzeitig positiv auf die Versorgung der inneren Organe aus (sogenannte organismische Umschaltung).
Neben der Möglichkeit, die Entspannungsübungen im Liegen durchzuführen, hat sich die Übung im Sitzen bewährt. Besonders geeignet ist dazu die im folgenden Bild dargestellte „Droschkenkutscher-Haltung“:
Der Bezeichnung folgend kommt es in dieser Position zu einer entspannten Sitzhaltung. Ohne Anlehnen an eine evtl. vorhandenen Rückenlehne unterbleibt jegliche Körperanspannung und es wird „das völlig lockere und automatische Balancieren der Wirbelsäule ohne jede Muskelkraft“ erreicht [20].
Anmerkung:
Für das Autogene Training lassen sich in Veröffentlichungen (z. B. bei Krankenversicherungen) falsche bzw. irreführende Übungshaltungen beobachten. Die liegende Position ist möglich, aus Gründen der Praktikabilität im Alltag jedoch weniger ratsam. Andere Sitzpositionen ähneln fälschlicherweise Haltungen, wie sie häufig innerhalb einer Meditation oder anderen Entspannungsanlässen (z. B. aus Yoga) eingenommen werden.
In seinem Übungsheft für das Autogene Training beschreibt J. H. Schultz auch eine erweiterte Form der Rücknahme („Ausführliches Zurücknehmen“) [21]
Die einzelnen erlernten Trainingsschritte täglich etwa zwei bis drei Mal selbsttätig üben. Für die gesamte Übungsfolge etwa zwei bis fünf Minuten vorsehen, um eine ausreichende Wirkung und Festigung zu erzielen.
Insgesamt soll der Trainingsstand (alle bislang erlernten Stufen) etwas über eine Woche täglich trainiert werden, bevor die nächste Trainingsstufe mit einer weiteren Formel der Suggestion zur Anwendung kommt.
Anmerkung: Die Formeln der Ruhetönung beginnen mit dem Pronomen „ICH“, was die Beteiligung des Verstandes („ratio“) zum Ausgangspunkt des Autogenen Trainings andeutet. Die weiteren Stufen der Verinnerlichung, der Beteiligung des Vegetativen Nervensystems wenden sich zunehmend der emotionalen Ebene zu. Die gedankliche Kontrolle tritt („bewusst“) in den Hintergrund. „Besitzanzeigende Fürwörter“ wie „mein“ sind ungeeignet und im Hinblick des erwünschten Entspannungszustandes über entsprechende Körperempfindungen (organismische Umschaltung) aus therapeutischer Sicht hinderlich.
Voraussetzung (bei geeigneter Sitzhaltung / Liegeform) und erreichter Ruhetönung: (s. o.)
Vorstellungsbild: Eigengewicht des Armes (z. B. rechter Arbeitsarm)
Formel (Suggestion):
Wirkung:
In der Wahrnehmung fühlt sich der Arm anders an, da sich dessen Muskulatur entspannt (gelöst) hat. Die für die Versorgung zuständigen Gefäße können sich weiten, Verbrauchtes abführen und wieder Energie zuführen (Entspannungsreaktion, verursacht durch den Parasympathikus).
Weiterführend in den nachfolgenden Übungen:
Beide Arme ganz schwer; erfordert die Übung eine vorsichtigere abgeschwächtere Formel (z. B. wegen vorhandener körperlicher oder psychischer Beeinträchtigung), kann statt des Eigenschaftswortes „ganz“ der Begriff entfallen oder durch den Begriff „angenehm“ ersetzt werden:
Schrittweise Ausdehnung der anzusprechenden Körperteile, und Körperregionen.
Übungen zur Wärme-Empfindung beginnen ebenfalls mit einem Körperteil, z. B. dem rechten Arm. Mit weiteren Übungsschritten (linker Arm) empfinden weitergehende Körperteile (z. B. Beine) darüber hinaus ebenfalls das Gefühl der Wärme, z. B. rechter Arbeitsarm.
Formel:
Beide Arme ganz warm
(nach schrittweiser Ausdehnung)
Arme und Beine; … ganzer Körper … warm
Vorstellungshilfe: siehe Beispiel unten
Erläuterung:
Stärken der „Vitalfunktionen“ über das Empfinden z. B. von
Schwere und Wärme
Wirkung:
Die Muskulatur entspannt, Blutgefäße weiten sich, bildhaft unterstützt z. B. durch das
Übungen zur Empfindung von Schwere beginnen mit einem Körperteil, z. B. dem rechten Arm. Mit weiteren Übungsschritten (linker Arm) empfinden weitergehende Körperteile (z. B. Beine) darüber hinaus ebenfalls das Gefühl der Schwere. Diese sich von selbst erweiternde Empfindung wird mit dem Fachbegriff „Generalisierung“ umschrieben. Gleiches gilt für die Wärme-Übung (Resonanz des vegetativen Nervensystems). Damit einher geht die sprachliche Verdichtung – z. B. mit den Signalworten „Schwere“ bzw. „Wärme“.
In den einzelnen Trainingsstufen helfen bestimmte Vorstellungen, Gefühle und Gedanken das jeweils erwünschte Ziel auf geeignete Weise zu erreichen. Nach gesundheitlichen Grundsätzen kann das vegetative Nervensystem z. B. durch Ansprechen des Parasympathikus für ein Gleichgewicht (= Homöostase) mit dem Sympathikus sorgen. Die häufig aus der Psyche kommenden Stressreaktionen werden aufgelöst oder gemildert, körpereigene Kräfte durch Stärken des sogenannten „Ruhenervs“ über „Vitalfunktionen“ wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck, Verdauung und Stoffwechsel regeneriert und aufgebaut (= trophotrope Wirkung).
Ruhe-, Schwere- und Wärme-Übung wirken spürbar mit dem Entspannungseffekt auf das vegetative Nervensystem (Parasympathikus). Körperlich setzt sich das Erspüren dieser Wirkung neben einer positiven Beeinflussung des Kreislaufsystems auf beteiligte Körperorgane wie dem Herzen fort. Herzschlag (Puls) und Blutdruck können sich normalisieren.
Formel:
Mit der Formel wird dieser positive Einfluss nachhaltig erreicht und verstärkt. Statt des Herzschlags lässt sich auch der Puls fühlen. Das kann z. B. innerhalb der Handfläche geschehen, wenn diese in der „Droschkenkutscherhaltung“ auf dem Oberschenkel liegt und man bei zunehmendem Üben dort „hinspürt“.
Wie bei keinem anderen Organ steht das Herz auch für viele Bedeutungen (Symbolik), die sich in unseren Gefühlen wiederfinden. Vorstehende Grafik zeigt einen Ausschnitt möglicher Situationen oder Gegenstände, die unser Gefühl bestimmen können. Z. B.
positiv kann
negativ kann
Unsere Gefühle (auch Ängste) können sich aus traumatischen, auch frühkindlichen Erfahrungen, aber auch gesellschaftlichen Einflüssen herleiten. Oft bleibt der unmittelbare Anlass verborgen. Es zeigen sich lediglich Symptome vielfältiger Art. Körper („Soma“) und Gefühl („Psyche“) sind untrennbar verbunden. Ungleichgewichte können ihren Ausdruck in psychosomatischen Erkrankungen finden.
Das Autogene Training kann helfen, eine große Zahl von Beeinträchtigungen durch eigenes Einwirken zu bessern (z. B. Stressabbau), durch die körperlichen Effekte die Gesundheit zu fördern und eine positive Lebensauffassung zu gewinnen (z. B. mithilfe der selbstgesteuerten Autosuggestion).
Das Autogene Training kann auch ermöglichen, negative Symptome zu beseitigen oder zu lindern, aber auch Erkenntnisse zu gewinnen (= Selbsterkenntnis), um ggf. bisher verborgene Ursachen mittels fachkundiger Hilfe zu entdecken und therapeutisch aufzuarbeiten.
Beispiel:
Herzrhythmus und Blutdruck
Wirkung:
und
Insbesondere für Vorstellungshilfen beim Herzschlag ist auf die vielfältigen Symboldeutungen des Herzens auch in Bezug auf das Befinden des Übenden zu achten.
Nur für das erstmalige Erlernen dieser Phase und Teil einer gesonderten Übung können folgende Vorstellungen hilfreich wirken:
Es gilt der Grundsatz, aktiv an ein positives Vorstellungsbild zu denken, besser es zu sehen. Dazu zählen Bilder, die ein beruhigendes Gefühl entstehen lassen können.
Beispiel: Vorstellen eines Spazierganges in der Natur; das Betrachten einer Blume oder anderen Pflanze oder andere angenehme Eindrücke, wie ein guter Duft.
Handelt es sich um Leitgedanken, so gelten bekannte Prinzipien: z. B.
Im Unterbewusstsein wird vereinfacht, also falsch verstanden: „Ich rege mich auf“ – das „Erlebnis ist jetzt präsent (vor Augen)“.
Sämtliche vorgedachten bzw. bildhaft vorgestellten Autosuggestionen sollen dem individuellen Empfinden angepasst sein, in Geschwindigkeit und Umfang für das Unterbewusstsein zu keiner Überforderung führen.
Das Gefühl bzw. Missverständnis von Hektik vermeiden. Ruhe und Gelassenheit wirken hier als angewandtes Prinzip. Manche Formeln gehen unmittelbar in eine vorhandene Rhythmik ein:
Formel:
Wirkung:
Die Atemtechnik besteht aus einer Bauch-/Zwerchfellatmung, wobei insbesondere das Ausatmen langsam und ohne Hektik erfolgen soll. Zum natürlichen Bedürfnis des Atmens erhält man die Gelegenheit, regulierend und regenerativ in das vegetative Nervensystem (Parasympatikus) einzuwirken. Man bahnt damit auch den nächsten Übungsschritt vor:
Mit dem Sonnengeflecht wird der Bauchraum mit wichtigen Organen wie Magen, Leber, Nieren sowie weitere bedeutsame Verdauungsorgane wie das Darmsystem angesprochen. Funktional damit eng verbunden sind weitere wesentliche Systeme (Blutgefäße, Nerven). Unter dem Begriff „Sonnengeflecht“ findet sich hier der Nervenknotenpunkt („Solarplexus“), das „sensible“ autonome Nervensystem als Bestandteil des vegetativen Nervensystems.
Formel:
Vorstellungshilfe:
Ein wärmendes Kissen oder eine Bettflasche auf dem Bauch (hilfreich vielleicht auch die Erinnerung an die Kindheit, z. B. mit der wärmenden Hand der Mutter). Eine weitere Vorstellungsmöglichkeit: angenehme Sonnenstrahlen.
Wirkung:
Spannungen werden gelöst und ein angenehmes Gefühl der Erleichterung breitet sich aus. Die beteiligten Bauchorgane und das gesamte Verdauungssystem gelangen so in einen entspannten, die gesundheitlichen Funktionen fördernden Zustand.
Anmerkung: Dieser positive Effekt kann sich durch ein hörbares „Gluckern“ aus dem Darmtrakt bemerkbar machen.
Diese Übungsstufe des Autogenen Trainings wendet sich erstmals dem Kopf zu. Beim Menschen befindet er sich ganz oben, bedingt durch dessen aufrechten Gang („homo erectus“). Zahlreiche Körperregionen (Arme, Beine, Sonnengeflecht) wurden in den vorausgegangenen Übungsschritten mit dem Gefühl der Schwere und Wärme angesprochenen, um angenehme Gelöstheit zu empfinden, eine Voraussetzung zur Entspannungsreaktion durch den Parasympathikus. Die Folgen der Gefäßentspannung, dem damit verbundenen Schwere- und Wärmegefühl und der zunehmenden Blutzirkulation wäre im Organ „Gehirn“ für dort ablaufenden Funktionen hirnphysiologisch nachteilig. Stattdessen ist die Vorstellung eines „kühlen Kopfes“ oder einer „kühlen Stirn“ ratsam.
Diese besondere Bedeutung wird aus bekannten Behandlungsmethoden (fiebrige Erkrankungen, Kopfschmerzen, Schwindel) deutlich. Man legt ein kühlendes Tuch auf die Stirn oder hält sich einen Beutel mit Eis auf den Kopf.
Vorstellungshilfe:
Bei geschlossenen Augen spüre ich auf der Stirn einen sanften kühlen Luftzug …
Formel (Suggestion):
– oder –
„Stirn angenehm kühl und gelöst“
Anmerkung:
Diese Formel lässt sich nach Bedarf auch erweitern: z. B. zur Linderung von Kopfschmerzen oder Migräne und weiteren Anlässen:
„Kopf angenehm kühl.“ – oder –
„Kopf angenehm kühl und schmerzfrei.“
Andere mögliche Suggestionen:
„Kopf ist frei und klar“ – oder –
„Kopf ist leicht und frei“ – oder –
„Kopf ist leicht und gelöst“
Sucht man nach einer weitergehenden Wirkung, kann man die beabsichtige Suggestion mithilfe einer aus der Hypnoseeinleitung bekannten Konzentrationsübung verstärken:
Zum Ende des vertieften Ruhezustandes richtet man bei geschlossenen Augen kurzfristig die Augen auf den Fixationspunkt nahe der Nasenwurzel aus („Engrammbildung“) [3]. Nachdem die Augen nach der kurzen Augenfixation („dem nach oben innen schielen“) wieder zurückgefallen sind, formuliert man dann die ausgewählte Suggestionsformel. In Inhalt und Form ähnelt sie der Formel für die Kopf-Übung. Aber auch andere kurze Suggestionen sind möglich: z. B.
[3] vgl. Werner J. Meinhold, Das große Handbuch der Hypnose, Ariston Verlag, Genf, 1980, S. 95 ff.
Mit der Kopf- bzw. Stirn-Übung lassen sich verschiedene Absichten schwerpunktmäßig erreichen: z. B.
Allgemein: Herausforderungen mit einem ausgewogenen Gleichgewicht aus „Gefühl und Verstand“ anzunehmen, positiv zu beeinflussen oder zu bewältigen.
Beim Erlernen des Autogenen Trainings müssen beim täglichen Üben die zu jedem Übungsstand erlernten Phasen jeweils sämtlich einbezogen werden. Erst dadurch kommt es zur erstrebten Übungserfahrung (Konditionierung), der notwendigen und angestrebten Anreicherung und Festigung körperlicher und geistiger Kräfte (vgl. Homöostase).
Mit einer geeigneten Betonung und dem vorgesehenen Rhythmus kann eine optimale Wirkung erzielt werden. Während des Übens die angewandten Formeln nur wiederholen, wenn es für eine bestmögliche Wirkung erforderlich scheint. Mit zunehmender Geübtheit sind weniger Wiederholungen erforderlich.
Eine Formel verankert sich nach und nach im Unterbewusstsein. Die erwünschten Wirkungen setzen z. B. über die beteiligten Nerven-, Organ- und Gefäßsysteme nach einem notwendigen Trainingseffekt (Konditionierung) ein – z. B. auch Normalisierung von Herzschlag und Blutdruck.
Ein Kurs AUTOGENES TRAINING – mit zwei Unterrichtseinheiten je Kursabend – dauert z. B. an einer Volkshochschule in der Regel acht Wochen, also insgesamt 16 Unterrichtseinheiten.
Während den einzelnen Übungsschritten ist es förderlich bzw. notwendig, dass sich eine Überzeugung über das Gelingen und den Erfolg des autogenen Trainings Schritt für Schritt einstellt. Die dafür notwendige Geduld, das Beharrungsvermögen und die Zuversicht hängen von der „inneren Einstellung“ ab. Diese setzt sich aus der „gedanklichen“ Überzeugung (Ratio) und im wesentlichen Maß der „Zustimmung des Gefühls“ (Unterbewusstseins) zusammen. Möglicherweise können auch unbewusst grundsätzliche negative Wirkfaktoren vorliegen, welche tiefenpsychologisch als Widerstände anzusehen sein können.
Durch das Erlernen des Autogenen Trainings verändern sich die in uns vorliegenden Bedingungen und unser Verhalten. Viele als negativ wirkende Empfindungen und Sehensweisen liegen zunehmend weniger vor oder werden anders verarbeitet oder interpretiert („Ruhe und Gelassenheit“).
Ist das Autogene Training ausreichend geübt und gefestigt, kann die Entspannungsreaktion jederzeit und zu jedem Anlass ihre Wirkung entfalten.
Die beschriebenen Schritte und Wirkungen des Autogenen Trainings setzen eine dauerhafte Übung voraus. Nur so bleiben die physiologischen und psychologischen Effekte gewahrt und abrufbar. Das erworbene erweiterte Reiz-Reaktions-Schema – im Gedächtnis verankert – unterliegt auch der Vergesslichkeit. Die einmal gespeicherten Mechanismen gehen zwar nicht verloren, sondern werden in einen anderen Gedächtnisbereich verschoben. Informationen und Reflexe sind von dort nicht direkt abrufbar. Dazu müssen sie stattdessen für den Zugriff erneut vorbereitet – aktualisiert werden – vgl. dazu als Hintergrundinformation, z. B. Max-Planck-Gesellschaft: „… vergessen ist nicht verloren …“(9).
Hier geht die Erwartung über den Vorteil der dauerhaften positiven Wirkung hinaus.
Sind sämtliche Reiz-Reaktionsmechanismen gut und aktuell trainiert, lässt sich eine Entspannungsreaktion unmittelbar abrufen oder verstärken. Welche als notwendig und aussichtsvoll wirksam erscheint, richtet sich auch nach der Art der auslösenden Situation bzw. dem Bedeutungshintergrund. Die für das Training erforderlichen Vorgaben wie Schließen der Augen, Ruheposition, Vorstellen von Schwere und Wärme sind möglich, aber nicht Voraussetzung.
Beispiel:
Ich stehe vor einem Bewerbungsgespäch.
Spontane Hilfe durch die im Autogenen Training erworbene Fähigkeit der Autosuggestion:
Beispiel:
Ich bin mit dem Pkw unterwegs. Durch eine unvorhergesehene Verkehrssituation erleide ich einen großen Schrecken. Mein Herz schlägt mir „bis zum Hals“.
Spontane Hilfe durch Formeln aus dem Autogenen Training:
Beispiel:
Die Bildschirmarbeit erfordert eine stete Konzentration für Geist und Sehkraft.
Spontane Hilfe durch eine Formel und Verhaltensweise:
Beispiel:
Von mir zu bewältigende Aufgaben erscheinen mir übergroß.
Spontane Hilfe durch eine Formel:
Dies kann als erste Voraussetzung einer Besserung dienen. Die Lage kann möglicherweise die Kraft zu weiterreichenden Handlungen bzw. Entscheidungen erfordern, wodurch über das Autogene Training insgesamt eine Hilfe gefunden werden kann, z. B.
Das nachfolgende Schaubild soll den Zusammenhang verdeutlichen helfen:
Neben dieser von mir angewendeten und allgemein verbreiteten Form lassen sich weitere unterschiedliche Ausbau- und Organisationsformen für das Autogene Training anführen, z. B. unterscheidet man in
Das Autogene Training als Unterstufe entspricht der vorgenannten Grundstufe, stellt jedoch zum Ende (vgl. „Stirnübung“) eine didaktisch reduzierte Form der Vorsatzbildung vor.
Mit der Mittelstufe stehen für Geübte die erweiterten Möglichkeiten zur Vorsatzbildung als Ziel und Lerngegenstand im Vordergrund.
Eine besondere Aufgabe kommt der Oberstufe zu. Unter einer qualifizierten therapeutisch geschulten Leitung wird hier vermehrt psychoanalytisch gearbeitet. Neben J. H. Schultz stehen Heinrich Wallnhöfer und Klaus Thomas [30] für die darin anzusprechenden, zu erlernenden Inhalte und Übungen.