Bewusstes und unbewusstes Handeln ...

Ein Teil menschlichen Handelns geschieht unbewusst. Die Aussagen: „Ich habe alles im Griff“ oder „Ich tue nur das Beste“ entstammen häufig einer falschen Einschätzung.

Allzu oft herrschen „zwei Seelen in meiner Brust“,  ein Denken, Fühlen oder Handeln, das uns mehr oder weniger unbewusst in Konflikte steuern kann.

Dies wird manchmal auch in unserem Sprachverhalten, unseren Aussagen deutlich.

Beispiele:

  • Der Impuls „weiter so!“ kann nur nützen, wenn aus Situation und Denkfeld die erforderliche Richtung erkennbar ist bzw. ein vorhandenes „Autoritätsgefälle“ nicht zu einem negativen Verständnis oder Empfinden führen kann.
  • „Du bist gut, du bist stark, du wirst siegen!“ unterstellt, dass dazu die (inneren) Voraussetzungen gegeben sind. Ansonsten könnten stattdessen Ängste oder zu hoher Erwartungsdruck den Erfolg eher gefährden.
  • Häufiger Gebrauch gewaltbezogener Worte z. B. aus gewalttätigen Auseinandersetzungen wie Krieg („das Feuer eröffnen“, „Kostenexplosion“, „den Rahmen sprengen“), Gewinneinbruch oder dem Verwenden von Ausdrücken aus der sogenannten „Fäkalsprache“.

Das Unterbewusstsein zeigt an diesen Beispielen unterschiedliche Aspekte und Formen einer Beteiligung.

Weitere Gesichtspunkte lassen sich anführen:

  • Anspruchsdifferenz bezüglich der Verständlichkeit (z. B. Fachbegriffe, Verflechtungsgrad, Bedeutungsinhalt)
    Beispiele: Nachrichtensendung erwähnt die Aussage eines Reporters, der Worte verwendet wie „Blaupause“, „Agenda“, „Narrativ“ „Quadratur des Kreises“, „Gute-Kita-Gesetz“ = Gesetzesname als Marketing, u. a.;
  • Anspruchsdifferenz bezüglich der anzunehmenden Erwartung
    Beispiel: Jemand verspricht einem Freund, ihm zu helfen, so lange wie nötig (Wer bestimmt zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt, ob die Notwendigkeit noch vorliegt?);
  • Aufforderungscharakter (z. B. autoritäre Anweisungen statt kooperativem Dialog, Formen der Motivation)
    Beispiel: Vorgesetzter verfolgt die Strategie: „… solange ich nichts sage, ist die Arbeit in Ordnung …“; „Wir-Verpflichtung“ vs. „Wir-Anspruch“
  • Autoritätsgefälle zwischen „Sender“ und „Empfänger“
    Beispiele: Lehrer und Schüler, Arzt und Patient, Pfarrer und Gläubige;
  • Niveauspezifische Unterschiede
    Beispiele: z. B. aus Lebensführung, Medienkonsum und Freizeitgestaltung;
  • Differenz z. B. bei der Kenntnis gesellschaftlicher Symbole und der Fähigkeit zum Symbolverständnis und ggf. den daraus wahrnehmbaren Botschaften
    Beispiele: Botschaften aus Werbung oder Träumen und den daraus ggf. erwünschten bzw. abzuleitenden Einsichten und Verhaltenshinweisen;
  • Missverständlichkeit – z. B. durch bewussten und unbewussten Gebrauch mehrdeutiger oder missverständlicher Formulierungen oder Verallgemeinerungen;
    Beispiele: „Etwas kommt einem teuer zu stehen …”; Wald“sterben”; manche Sprichworte: „Einmal ist keinmal“ oder manche Moralansichten: „So etwas tut man nicht“ (Wer ist „man”?); „Genieße den Tag“; „Handeln nach Bauchgefühl“ tragen oft nur „oberflächliche Rechtfertigungen“ bzw. „Idealvorstellungen” in sich.

Das Unterbewusstsein (vgl. Menüpunkt „Psychologie“) kann solche Differenzen und Spannungen wahrnehmen, sie für unser Bewusstsein aber nur schwer erkennbar entschlüsseln. Sie werden über andere Signalformen deutlich (z. B. auf emotionaler Ebene).

Steuermechanismen in unserem Gehirn - "Denken - Fühlen - Handeln"?

Menschen leben miteinander. Sie bilden Gemeinschaften. Für dieses Zusammenleben folgen sie meist Regeln, welche sie selbst gemeinsam vereinbarten. Zumindest folgen sie Grundsätzen, wie sie allgemeinen für das Zusammenleben von Lebewesen – Mensch oder Tier – zu beobachten sind und eine natürliche Verankerung, vielleicht Bewährung gefunden haben.

Der intelligente Mensch (Homo Sapiens) tritt als besondere Gattung hervor. In seiner Großhirnrinde (Neokortex) besitzt er ein Bewusstsein, das in Zusammenwirken mit dem Limbischen System, einer zweiten wichtigen Gehirnebene, für das menschliche Verhalten zuständig und verantwortlich ist.

Gerhard Roth, seit 1976 Professor für Verhaltensphysiologie und Entwicklungsneurobiologe am Institut für Hirnforschung der Universität Bremen, spricht in seinem 2003 erschienenen und viel beachteten Buch mit dem Titel „Fühlen, Denken, Handeln“ über das Zustandekommen menschlichen Verhaltens (vgl. dazu auch den unter [26] angeführten Beitrag des Deutschlandfunks).

Nach wissenschaftlichen Untersuchungen ändert er damit den aus der Verhaltensforschung bisher dargestellten Ansatz „Denken – Fühlen – Handeln“ ab. Entscheidungen würden nicht allein innerhalb der Großhirnrinde, unserem Bewusstsein getroffen. Sie sind vielmehr durch das limbische System angestoßen. Hier sei das eigentliche Entscheidungspotential mit teilweise elementarer Motivation und Antrieb verankert (z. B. Machtstreben, Geltungsbedürfnis, Missgunst, Aggressivität). Geplante Handlungsschritte gingen also unmittelbar aus dem unbewussten Bereich kommend in das Bewusstsein, dem Neokortex ein, wo sie als eigene Verstandesleistung eingeordnet und umgesetzt würden.

Roth sieht eine Verbindung mit den von S. Freud [27] beschriebenen Instanzen, dem Strukturmodell der menschlichen Psyche, und seiner Aussage zur Stellung des Ichs. „Vernunft und Verstand seien eingebettet in die emotionale Natur des Menschen“. Die bestehenden hirnphysiologischen Prozesse „Denken – Fühlen – Handeln“ seien nach seinen neu beschriebenen Erkenntnissen mit „Fühlen – Denken – Fühlen – Handeln“ bzw. „Fühlen – Denken – Handeln“ treffender umschrieben. Können Inhalte unbewusst in unser Gedächtnis gelangen – oder – kann das Unbewusste [28] Inhalte nicht bewusst aufnehmen – oder – sind unbewusst gespeicherte Inhalte nicht mit dem Unbewussten vergleichbar?
Eine eindeutige Antwort auf diese komplexen und wissenschaftlich unterschiedlich dargestellten Fragen scheint es auf einfachem Weg nicht zu geben.
Nach Auffassung eines beachtenswerten Teils der Fachleute lässt sich feststellen, dass Inhalte bestimmter Gedächtnisbereiche dem betroffenen Menschen nicht bekannt sind und auch nicht aktiv ohne Weiteres gelesen werden können. Jedoch lassen sich mit neuesten Beobachtungsmethoden Prozesse im Gehirn sichtbar machen, die teilweise als bewusst oder unbewusst angesehen werden können und die sich wechselseitig beeinflussen (vgl. auch vorstehende Grafik).[29]

Bestimmte Therapieformen gehen von der Überzeugung aus, durch Lernen bestimmter Verhaltensweisen, einen positiven Einfluss auf das Verhalten eines bestimmten Menschen ausüben zu können (z. B. mittels einer Verhaltenstherapie, aber auch autosuggestiver Verfahren wie das Autogene Training).

Zu letztgenannten Formen lassen sich die zahlreichen Behandlungs- und Einwirkungsweisen anführen, in denen z. B. bestimmte Wege des Lernens bzw. der Autosuggestion geeignet sind, dauerhaftes Gedächtnis in bewusster und/oder unbewusster Weise zu erreichen und in gewissem Umfang zu erweitern bzw. zu verändern.