Ablauforganisation
Das Steuerungskonzept
Bürosimulation verdeutlicht als generelles Unternehmensspiel den funktionellen Gesamtzusammenhang eines Unternehmens. Dabei wirken nach dem Grundsatz von Aktion und Reaktion die Entscheidungen und Handlungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler in den Abteilungen sowie der Abteilungen selbst in ursächlicher und zeitlicher Kette ineinander. Bestandteile dieses ‚Regelkreis-Modells‘ sind also mehrere ‚Regler-Objekt-Beziehungen (= Regel-Größen)‘, deren komplexes Zusammenwirken im normalen Ablauf durch die Funktionen Entscheiden, Realisieren, Messen und Vergleichen selbstbestimmend (= autonom) stabil gehalten werden kann:
Beispiel:
Regelstrecke ist in diesem Fall der Kundenkreis. Dem Regler, Abteilung Marketing und Abteilung Verkauf, ist das Ziel (Soll-Größe) von außen (extern) durch die Geschäftsleitung vorgegeben:
Steigerung des Umsatzes (Regel-Größe) von bisher 450 000 Euro um 5 %.
In den betroffenen Abteilungen überlegt man, wie diese Ziele durchgesetzt werden könnten, ohne dabei den Zielen anderer Abteilungen entgegenzuwirken. Der gegliederten exakten Formulierung des Ziels folgt die Planung. Sie schließt z. B. Maßnahmen der Werbung, Preis- oder Sortimentsgestaltung ein.
Zwischen den einzelnen Möglichkeiten wird man sich für diejenige entscheiden, die verspricht, mit minimalem finanziellem Aufwand das gesetzte Ziel zu erreichen. Die Realisation (z. B. Werbemaßnahmen) wirkt als Stell-Größe auf die Regelstrecke.
Obwohl Marktschwankungen, ausgelöst durch Reaktionen von Konkurrenten, Änderungen der Kundenwünsche oder Konjunktureinflüsse, ebenfalls auf die Regelstrecke einwirken (Stör-Größen), wird mithilfe der Rückkopplung die Regel-Größe dem Wert der Soll-Größe angeglichen. Der ständige Vergleich von Soll- und Ist-Größe (Kontrolle und ggf. Abweichungsanalyse) trägt dazu wesentlich bei.
Leitungs- bzw. Sachbearbeiterebene:
Aus der Sicht des Unternehmens kennzeichnet der Tätigkeits- und Kompetenzbereich die Sachbearbeiterin und den Sachbearbeiter. Aus der Sicht der Abteilung kann sich eine etwas andere Aufgabenbeschreibung einschließlich Zielsetzungs- und Entscheidungsbefugnissen ergeben.
(Delegation von Handlungs- und Entscheidungskompetenz)
Die Stellenbeschreibung gibt darüber Auskunft:
Stellenaufgabe: z. B.
- Umsetzen der geplanten Verkaufsmaßnahmen,
- Umsatzkontrolle durchführen, ggf. ergriffene Maßnahmen im Rahmen der vorgesehenen Möglichkeiten korrigieren,
- Ergebnisse dokumentieren und an die Leitungsebene weitergeben.
Die Arbeitsanweisungen
Definition und Aufbau
Wesentlicher Bestandteil einer Ablauforganisation sind eindeutige und handlungsbestimmende Arbeitsanweisungen. Sie helfen die einzelnen Aufgaben einer Stellenbeschreibung besser zu verstehen und zu bestimmen. Dabei lassen sich besonders gut Tätigkeiten der Sachbearbeiterebene beschreiben, die keinen oder nur geringen Entscheidungsinhalt aufweisen (gebundene Arbeit).
Damit ein Sachbearbeiter nach solchen Arbeitsanweisungen vorgehen kann, müssen diese folgenden Anforderungen genügen:
- Hervorheben eines Arbeitsanstoßes (Impuls), nach dem sich eine oder mehrere Funktionen (Teilfunktionen) anstoßen lassen;
- Überblick in die daran gebundenen Folgefunktion(en) samt deren wirtschaftlichen und organisatorischen Auswirkungen;
- Hinweis auf Speicherort, Zugriffsberechtigung, Schutz und Verfügbarkeit der Daten;
- Hinweis auf eine Bearbeitungshilfe;
- Hinweis auf nächstfolgende/noch zu erledigende Abläufe (Teilfunktionen, ggf. mit Vorgabe der damit zu befassenden Stelle).
Bei manueller Verarbeitung
Insbesondere solche Tätigkeiten lassen sich generell regeln, die sich in gleicher oder ähnlicher Form wiederholen. Inhalt und Form der Arbeitsanweisungen hängen dabei neben einer möglichen Wichtigkeit auch von demjenigen ab, der die Arbeitsanweisungen ausführen soll (Abstraktionsgrad der Aufgabe bzw. Abstraktionsvermögen der Mitarbeiterin/des Mitarbeiters).
Beispiel: Rabattstaffelung abhängig von der Umsatzgröße
Hiervon zu unterscheiden sind scheinbar einfache Handlungen, welche aber komplexe Vorgänge auslösen, wie sie innerhalb automatisierter Vorgänge bei EDV-Systemen auftreten können. Analog müssen die Anforderungen an solche Arbeitsanweisungen differenzierter ausfallen.
Erfordert eine Aufgabe relevante Entscheidungen, müssen die auszuführenden Tätigkeitsschritte möglicherweise durch Entscheidungshilfen (z. B. mit einer quantifizierbaren Entscheidungstabelle) unterstützt werden.
Beispiel: Auftragsbearbeitung mit EDV
Beispiel zweier verbal formulierter Arbeitsanweisungen mit EDV-unterstützten Bearbeitungsmethoden
Das Phasenkonzept
Innerhalb eines Modellunternehmens hat jede Schülerin und jeder Schüler Aufgaben eines Tätigkeitsbereiches zu erledigen, d. h. sie/er arbeitet funktionsspezifisch. Der Unterricht muss daher durch Arbeitsanweisungen oder andere Steuerungselemente (Formulare, Diagramme, dv-Steuerung) gestützt werden, fundamentale Regelungen, die die Unterrichtsleitung (Lehrerin/Lehrer) nachhaltig entlasten und selbstständiges Handeln der Schülerinnen und Schüler fördern (Grundsatz der Lehrinversion).
Im Laufe des Lernprozesses treten jedoch erfahrungsgemäß Störgrößen auf, die in den unterschiedlichen Arbeitsleistungen der einzelnen Abteilungen und Schüler ihre Ursache haben können. Lehrer und Schüler wären trotz vorhandener Arbeitsanweisungen in der Anfangsphase größten Schwierigkeiten ausgesetzt. Man stelle sich einen Betrieb, bestehend aus einem Chef und zwanzig Auszubildenden vor, von denen jeder eine andere kaufmännische Tätigkeit erlernen und ausüben soll. Aus diesem Grund ist es erforderlich, der funktionsspezialisierten Simulation eine funktionsparallele Phase (Hinführungsphase, gebundene Phase) vorzuschalten.
Alle Schülerinnen und Schüler handeln in der ersten Phase funktionsparallel, verrichten zeitlich also jeweils gleiche Büroarbeiten (gebundene Tätigkeit). Mittelpunkt ist dabei ein grundlegender Geschäftsablauf gegenüber einem Kunden und einem Lieferer (Anfrage – Angebot – Bestellung – Lieferung und Rechnung – Zahlungsausgleich). Er löst Nebenarbeiten aus, wie z. B. Buchen der anfallenden Belege in einem Geschäftsgang, Eintragen in Unterlagen, Ausfüllen von Zahlungsformularen, die, wie der Geschäftsablauf selbst, bereits auf eine mögliche Phase 2 (funktionsspezialisierte Tätigkeit, freie Simulation) abgestimmt sind (z. B. Name des Modellunternehmens, Kunden, Lieferer, Bankverbindungen, verwendete Unterlagen usw.).
Kreislaufsysteme
Eine Geschäftsbeziehung zwischen Kunden und der SAPELLO GmbH (Kreislaufsystem K, kurz: K2) entsteht durch die Vorgabe einer bestimmten monatlichen Konsumentennachfrage, der Marktsituation N. Diese Nachfrage wirkt sich mittelbar auch auf die Geschäftsaktivitäten der SAPELLO GmbH und ihren Lieferern (Kreislaufsystem L, kurz: K1) aus. Letztere entstehen also durch den Warenbedarf der Abteilung Lager/Versand. Die Anfangsbestände der Waren werden so festgelegt, dass in einzelnen Fällen der Meldebestand (Bestellbestand) erreicht oder unterschritten ist. Zeitlich gesehen würden also einige Abteilungen zunächst unterbeschäftigt bleiben. Erst wenn die geschaffenen Impulse (Arbeitsanstöße) der beiden Kreislaufsysteme alle Abteilungen erfasst haben, trägt sich das System von selbst.
Aus dieser Erfahrung heraus ist einmalig eine besondere Ablaufplanung, eine sogenannte Übergangsphase (Vorgabesteuerung), notwendig. Tabellen und Karteien müssen angelegt, bestimmte Unterlagen (Brieforiginale, Kopien; Formulare, Vorgänge, Verarbeitungszustände, Anfangsbestände) müssen zur gleichen Zeit in allen Abteilungen sowie bei Kunden und Lieferern und weiteren beteiligten Stellen vorhanden sein. Um diesen Übergang zu regeln, muss man jedoch unterscheiden, ob am betreffenden Lernort arbeitsteilige Lernbüroarbeit bereits durchgeführt wurde oder zum ersten Mal realisiert werden soll. Im ersten Fall können bestimmte Einrichtungsarbeiten (z. B. Ablagenorganisation) dann entfallen.
Die besondere Ablaufsteuerung
Die Funktionen innerhalb eines kaufmännischen Betriebes sind sehr vielfältig. Jede Abteilung ist mit anders gearteten Arbeiten beschäftigt, die für das Erreichen des Betriebszweckes insgesamt notwendig sind. Sie können nicht als voneinander unabhängig gedacht werden. Die Tätigkeiten jeder Abteilung lösen vielmehr Arbeiten in anderen Abteilungen aus, die, wenn ein reibungsloser betrieblicher Ablauf sichergestellt sein soll, durch eine bestmögliche Organisation aufeinander abgestimmt werden müssen.
Mangelhafte Verständigung (Information) und Zusammenarbeit (Kooperation) zwischen den einzelnen Abteilungen wie auch Unterschiede im Beschäftigungsgrad können den Ablauf stören.
Während in der Ernstsituation diese Probleme durch eine verbesserte Organisation insbesondere über personelle Maßnahmen behoben werden können, setzt die Bürosimulation andere Schwerpunkte: Gesamtzahl der Beschäftigten bleibt unverändert. Schulung der Beschäftigten ist vorrangiges Ziel.
Unter diesen Gesichtspunkten ist es notwendig, für jede Abteilung innerhalb des normalen Ablaufs zusätzliche Arbeiten bereitzuhalten (vgl. auch Unterrichtsbeispiele).
Sobald zum normalen Betriebsablauf zusätzlich weitere Aufgaben zu bearbeiten sind, müssen deren Rangstufung (Priorität) festgelegt sein. Die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter braucht eine Regelung, welcher Tätigkeit (Aufgabe) sie/er sich zuwenden muss, wenn davon mehrere zur Erledigung vorliegen (vgl. auch Stellenbeschreibung). Nachfolgende Übersicht soll dazu Hinweis geben:
Oberste Priorität haben die Anweisungen der Unterrichtsleitung. Ansonsten ist es vorrangig wichtig, den „normalen“ Geschäftsablauf zu gewährleisten. Nur wenn hier Arbeitszeit frei verfügbar ist, können sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Abteilung als Team der Lösung einer besonderen Aufgabe zuwenden. Kurzzeitig lässt sich die Zuständigkeit und Einsatzzeit auch zwischen den Beschäftigten der Abteilung kooperativ neu aufteilen.
Anmerkung: Alle Beschäftigten sollten allerdings für den Erfolg und das Ergebnis der Zusatzaufgabe der besonderen Ablaufsteuerung verantwortlich sein (vgl. Leistungsbewertung).
Hinweis: Entsprechende Unterlagen befinden sich auch im „Downloadbereich“.
Im Verzeichnis der weiteren internen Links finden sich im Auswahlpunkt Unterrichtsbeispiele umfangreiche Hinweise und Hilfen, so z. B. zu den Punkten